Die Kinderjahre

Familie Reinke in Delmenhorst besaß kein Radio. Deshalb hat mich das Medium um so mehr fasziniert, wenn ich bei Verwandten oder Nachbarn die Chance hatte, Rundfunk zu hören. Als 8jähriger hörte ich Herbert Zimmermann mit der legendären Reportage vom Fußball-WM-Endspiel in Bern. Seltsam, diese Sprache: „Und Bozsik, immer wieder Bozsik. Hat den Ball verloren jetzt gegen Schäfer. Schäfer flankt, aus dem Hintergrund müßte Rahn schießen, Rahn schießt. Tooooooooooooor!.“ Was sollten diese merkwürdigen Worte? Was war Bozsik, Hidegkuti, Grosics?

Einschneidende Ereignisse, als ich 14 war:

Ich wurde von der Schule geworfen wegen schlechten Betragens (das altehrwürdige Gymnasium an der Willmsstraße – vormals Oberschule Delmenhorst – feierte 2001 sein hundertjähriges Bestehen, und ich bin leider kein Ruhmesblatt…).

Und: es gab den Straßenfeger der 60er Jahre bei Radio Bremen. Immer dienstags und samstags abends: „Dickie Dick Dickens“, eine Kriminalsatire von Rolf und Alexandra Becker, die unglaublich produziert war. Mit Jürgen Scheller (dem Kabarettisten) als Dickie Dick Dickens, der gefährlichste Verbrecher von Chicago, und Käthe Jaenicke als Dickies Braut Effie Marconi. Sensationell gemacht, mit Jingles von Spike Jones. Einer der beiden Rahmensprecher war Jürgen Thormann. Die Metallstimme! Der andere war Klaus Stieringer als Thormanns hochstimmiger Counterpart. Sagenhaft! Leider hat jemand die Bänder aus dem Archiv von Radio Bremen geklaut, und nur die 22. Folge ist noch auffindbar. Aber es gibt noch Zeichen und Wunder. Das Wunder heißt Holger Rink und ist Hörspielredakteur bei Radio Bremen. Nachdem er im Archiv gestöbert und die eine verbliebene Folge gehört hatte, startete Rink einen Aufruf an die Radio-Bremen-Hörer, und nach und nach kleckerte eine Folge nach der anderen ein, damals von Radio-Bremen-Hörern auf Tonband aufgenommen. Toll!

Der Dickens-Stoff wurde übrigens später vom Bayerischen Rundfunk nachproduziert, aber das war’s dann irgendwie nicht …